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Chan­ce für neue Dienst­leis­tun­gen und Kundenerlebnisse

Open Ban­king in der Schweiz

Im Mai 2020 lan­cier­te die SIX die Open-Ban­king-Lösung «b.Link» für den Finanz­platz Schweiz. Doch was bedeu­tet «Open Ban­king» über­haupt? Wie funk­tio­niert b.Link? Wie kön­nen Unter­neh­men mit Open Ban­king neue Dienst­leis­tun­gen anbie­ten oder von b.Link pro­fi­tie­ren? Im fol­gen­den Arti­kel erklä­ren wir die wich­tigs­ten Begrif­fe rund um Open Ban­king und beleuch­ten die Chan­cen und Herausforderungen.

Was ist Open Banking?

«Open Ban­king» kann wört­lich als die «Öff­nung der Ban­ken» ver­stan­den wer­den. Finanz­in­sti­tu­te stel­len nütz­li­che Funk­tio­nen und Infor­ma­tio­nen für ande­re Finanz­in­sti­tu­te und soge­nann­te Dritt­an­bie­ter (Third Par­ty Pro­vi­der, TPP) zur Ver­fü­gung. So kann bei­spiels­wei­se ein Unter­neh­men eine App lan­cie­ren, in der ein Kun­de sei­ne Kon­to­in­for­ma­tio­nen von Kon­ten bei ver­schie­de­nen Ban­ken auf einen Blick sehen kann. Oder ein inter­na­tio­nal täti­ges Unter­neh­men kann mit sei­ner Buch­hal­tungs-Soft­ware welt­weit auf ver­schie­de­ne Kon­ten bei ver­schie­de­nen Ban­ken zugrei­fen und Zah­lun­gen täti­gen. Spe­zia­li­sier­te Start­ups und FinTechs kön­nen mit Open Ban­king Schnitt­stel­len bran­chen­spe­zi­fi­sche Lösun­gen ent­wi­ckeln, die bis­her von Finanz­in­sti­tu­ten nicht ange­bo­ten wur­den. Die Vor­tei­le für Pri­vat- wie Fir­men­kun­den lie­gen auf der Hand: Ban­king wird ein­fa­cher, kom­for­ta­bler und kundenfreundlicher.

In die­sem Kon­text stellt sich die Fra­ge, war­um die Finanz­in­sti­tu­te bei Open Ban­king mit­ma­chen und «ihre» wert­vol­len Kun­den­in­for­ma­tio­nen preis­ge­ben soll­ten? Finanz­in­sti­tu­te aus den EU-Mit­glied­staa­ten wer­den seit dem Inkraft­tre­ten der Pay­ment Ser­vices Direc­ti­ve (PSD2, Zah­lungs­dienste­richt­li­nie) dazu ver­pflich­tet, Kon­to­in­for­ma­ti­ons- und Zah­lungs­auf­trags­diens­te anzu­bie­ten. Aus Sicht des Gesetz­ge­bers sol­len dem Kun­den so mehr Trans­pa­renz gebo­ten und die Abhän­gig­keit zu einem Finanz­in­sti­tut redu­ziert wer­den. In der Schweiz gibt es zur­zeit kei­ne ent­spre­chen­de gesetz­li­che Pflicht, die Schweiz setzt auf nicht regu­lier­ten Wett­be­werb. Denn mit Open Ban­king bie­ten sich auch für Schwei­zer Finanz­in­sti­tu­te Mög­lich­kei­ten, ihre Geschäfts­mo­del­le zu erwei­tern, um das Kun­den­er­leb­nis ihrer Kun­den zu verbessern.

API – Der Schlüs­sel für Open Banking

Ein tech­ni­sches Schlüs­sel­ele­ment von Open Ban­king sind die soge­nann­ten Appli­ca­ti­on Pro­gramming Inter­faces (API). Das sind Schnitt­stel­len mit denen Finanz­in­sti­tu­te und Dritt­an­bie­ter Infor­ma­tio­nen aus­tau­schen und Trans­ak­tio­nen aus­füh­ren kön­nen. Das klingt zunächst sehr sim­pel, dahin­ter ver­ber­gen sich aber erheb­li­che tech­ni­sche Her­aus­for­de­run­gen. Die Open Ban­king Schnitt­stel­len sind näm­lich bis heu­te weder welt­weit noch euro­pa­weit stan­dar­di­siert. Das bedeu­tet, die Finanz­in­sti­tu­te und Dritt­an­bie­ter müs­sen jeweils ent­spre­chen­de Spe­zi­fi­ka­tio­nen publi­zie­ren bzw. befol­gen, um Infor­ma­tio­nen abzu­fra­gen oder Trans­ak­tio­nen aus­zu­lö­sen. In den Spe­zi­fi­ka­tio­nen ist auch beschrie­ben, wel­che Infor­ma­tio­nen anschlies­send vom Finanz­in­sti­tut zurück­ge­lie­fert wer­den. Zusätz­lich muss das For­mat des Infor­ma­ti­ons­flus­ses prä­zi­se defi­niert sein, damit die Anfra­gen rich­tig ver­ar­bei­tet wer­den kön­nen. Natür­lich müs­sen auch diver­se Sicher­heits­aspek­te, wie zum Bei­spiel Auto­ri­sie­run­gen und Ver­schlüs­se­lun­gen, berück­sich­tigt wer­den, damit Drit­te nicht unbe­fugt die­se Diens­te nut­zen kön­nen. Schliess­lich muss auch ver­hin­dert wer­den, dass die Schnitt­stel­le miss­bräuch­lich ver­wen­det wer­den kann, falls bei­spiels­wei­se der Dritt­an­bie­ter von Kri­mi­nel­len gehackt wurde.

Her­aus­for­de­run­gen im Open Banking

Neben der feh­len­den Stan­dar­di­sie­rung der Open Ban­king Schnitt­stel­len müs­sen Finanz­in­sti­tu­te und Dritt­an­bie­ter wei­te­re Her­aus­for­de­run­gen meis­tern, um die Funk­tio­nen von Open Ban­king nut­zen zu kön­nen. Zunächst müs­sen die Finanz­in­sti­tu­te die inter­es­sier­ten Dritt­an­bie­ter ein­ge­hend über­prü­fen, um sicher­zu­stel­len, dass es sich um seriö­se und ent­spre­chend regel­kon­for­me Unter­neh­men han­delt. Die­se Zulas­sungs­prü­fun­gen erfor­dern heu­te bei den Finanz­in­sti­tu­ten einen gros­sen per­so­nel­len Auf­wand. Neben der Spe­zi­fi­ka­ti­on der Open Ban­king Schnitt­stel­len, muss jedes Finanz­in­sti­tut mit den Dritt­an­bie­tern zudem das Ver­trags­werk zur Benut­zung der Schnitt­stel­le ver­ein­ba­ren. Schliess­lich müs­sen die Finanz­in­sti­tu­te ein Part­ner­ma­nage­ment mit den Dritt­par­tei­en auf­bau­en und die auf­ge­bau­ten Schnitt­stel­len war­ten. Umge­kehrt muss die ange­bo­te­ne Dienst­leis­tung der Dritt­par­tei­en stän­dig kom­pa­ti­bel mit allen Open Ban­king Schnitt­stel­len der aus­ge­wähl­ten Finanz­in­sti­tu­te sein. Die Dritt­par­tei­en müs­sen auf Ver­än­de­run­gen, bei­spiels­wei­se neue regu­la­to­ri­sche Vor­ga­ben oder geän­der­te Schnitt­stel­len, zeit­nah reagie­ren kön­nen. Die­se Her­aus­for­de­run­gen ver­ur­sa­chen bei den Teil­neh­mern im Öko­sys­tem einen hohen Auf­wand, der ins­be­son­de­re bei grös­se­ren Öko­sys­te­men über­pro­por­tio­nal wächst.

Open Ban­king ska­lier­bar in gros­sen Öko­sys­te­men nutzen

Um die anfal­len­den Auf­wän­de für Open Ban­king zu redu­zie­ren, gibt es heu­te in der Schweiz Ansät­ze von unter­schied­li­chen Anbie­tern. Dazu gehö­ren neben den Kern­ban­ken­sys­tem­an­bie­tern Ava­loq und Fin­no­va auch die Hypo­the­kar­bank Lenz­burg, Swiss­com, und SIX sowie wei­te­re Anbie­ter. Typi­scher­wei­se bau­en die­se Anbie­ter eine «Open Ban­king Platt­form» auf – bei­spiels­wei­se die Swiss­com mit dem «Open Ban­king Hub» (OBH) oder Ava­loq mit Ava­loq One. Die Open Ban­king Platt­form gibt stan­dar­di­sier­te Schnitt­stel­len sowohl für Finanz­in­sti­tu­te als auch Dritt­an­bie­ter vor. Die Kom­ple­xi­tät und die War­tungs­kos­ten wer­den so stark redu­ziert. Zusätz­lich über­nimmt der Anbie­ter der Platt­form die Zulas­sungs­prü­fung der Dritt­an­bie­tern und die Ver­trags­ge­stal­tung. Damit gehen Finanz­in­sti­tu­te und Dritt­an­bie­ter nur noch einen Ver­trag mit dem Anbie­ter der Platt­form ein, anstatt dass sie indi­vi­du­el­le Ver­trä­ge mit jedem ein­zel­nen Teil­neh­mer im Öko­sys­tem aus­han­deln müssen.

Ver­gleich von unter­schied­li­chen Aus­prä­gun­gen von Open Banking:

Aus­prä­gung 1: Open Ban­king-Ansatz mit ver­ein­fach­ter Aus­prä­gung ohne Netzwerk-Charakter

360excellence – Open Banking

Aus­prä­gung 2: Open Ban­king mit meh­re­ren Dritt­an­bie­tern und Finanz­in­sti­tu­ten — und ent­spre­chend vie­len Schnittstellen

360excellence – Open Banking mit mehreren Teilnehmern

Aus­prä­gung 3: Open Ban­king mit Platt­form-Archi­tek­tur zur Ver­ein­heit­li­chung der Schnittstellen

360excellence – Open Banking Plattform

Die­se Open Ban­king Platt­for­men sind neue­re Ent­wick­lun­gen auf dem Markt. Ent­spre­chend wei­sen sie einen unter­schied­li­chen Rei­fe­grad und Umfang an Diens­ten oder Anwen­dungs­fäl­len auf. Es gibt also unter Umstän­den wenig Spiel­raum für indi­vi­du­el­le Lösun­gen. Und selbst­ver­ständ­lich ist der ange­bo­te­ne Ser­vice einer Open Ban­king Platt­form nicht kos­ten­los nutz­bar, son­dern mit ver­schie­de­nen Preis­mo­del­len gekop­pelt. Den­noch kann es sich sowohl für Finanz­in­sti­tu­te als auch Dritt­an­bie­ter loh­nen, dem Öko­sys­tem einer Open Ban­king Platt­form beizutreten.

Platt­form einer Bank für Banken

Die Hypo­the­kar­bank Lenz­burg (HBL) ist bezüg­lich Open Ban­king am wei­tes­ten fort­ge­schrit­ten. Die Regio­nal­bank nutzt Open Ban­king für die eige­ne Trans­for­ma­ti­on zur digi­ta­len Finanz­dienst­leis­te­rin und zur Ertrags­di­ver­si­fi­ka­ti­on. Sie bie­tet ihre Finstar-Platt­form für Ban­ken seit 2018 an und mit Neon ist eine Bank auch ers­te Kun­din mit einem Ange­bot an Kon­ten, Kre­dit- und Debit­kar­ten alles inte­griert in einer App. Mit der Lan­cie­rung von Achi­ko einem neu­en E‑Wallet (digi­ta­les Porte­mon­naie) des gleich­na­mi­gen indo­ne­si­schen Fin­tech wird bald ein zwei­ter Finanz­dienst­leis­ter die Finstar-Platt­form der HBL nutzen.

Open Ban­king mit b.Link von SIX

Der Finanz­platz­in­fra­struk­tur-Anbie­ter SIX hat sei­ne Open Ban­king Platt­form b.Link offi­zi­ell im Mai 2020 lan­ciert. Die Teil­neh­mer in die­sem Öko­sys­tem kön­nen sowohl Finanz­in­sti­tu­te wie auch Dritt­an­bie­ter sein und so ver­schie­de­ne Rol­len im Öko­sys­tem ein­neh­men. Sie kön­nen «Ser­vice Pro­vi­der» sein und bei­spiels­wei­se Kon­to­in­for­ma­tio­nen, Zah­lungs­funk­tio­nen usw. für ihre Kun­den bereit­stel­len. Auf der ande­ren Sei­te kön­nen die Teil­neh­mer «Ser­vice User» sein und bei­spiels­wei­se die Kon­to­in­for­ma­tio­nen von ver­schie­de­nen Finanz­in­sti­tu­ten bezie­hen. Alle Teil­neh­mer des b.Link Öko­sys­tems pro­fi­tie­ren von den stan­dar­di­sier­ten Schnitt­stel­len, der stan­dar­di­sier­ten Teil­neh­mer­zu­las­sungs­prü­fung, einem ein­heit­li­chen Ver­trags­werk und dem zen­tra­len Part­ner Manage­ment von SIX.

Bis­her sind die bei­den Gross­ban­ken UBS und Cre­dit Suis­se (inkl. Neue Aar­gau­er Bank) an b.Link ange­schlos­sen und ab Sep­tem­ber 2020 plant auch die Zür­cher Kan­to­nal­bank die Open Ban­king Lösung von SIX zu nut­zen. Als ers­ter Part­ner ist bis­her KLARA, ein Anbie­ter einer Cloud-Lösung für Kun­den­be­treu­ung, Auf­trags­ab­wick­lung, Buch­hal­tung usw., Teil des b.Link Öko­sys­tems. Damit kön­nen Unter­neh­mens­kun­den Kon­to­in­for­ma­tio­nen und Zah­lungs­auf­trä­ge direkt in ihrer Buch­hal­tungs­soft­ware ver­ar­bei­ten, sofern die Bank­kon­ten bei den Finanz­in­sti­tu­ten im b.Link Öko­sys­tem geführt werden.

Zukünf­ti­ge Ent­wick­lun­gen von Open Banking

Die Anbie­ter Ava­loq, Fin­no­va, Swiss­com, Hypo­the­kar­bank Lenz­burg und SIX wer­den ihre Open Ban­king Platt­for­men wei­ter aus­bau­en und die ange­bo­te­nen Ser­vices kon­ti­nu­ier­lich erwei­tern. Der Wett­be­werb wird zei­gen, ob die Open Ban­king Platt­for­men gegen­über indi­vi­du­el­len Open Ban­king-Kol­la­bo­ra­tio­nen kon­kur­renz­fä­hig sind.

Haben wir Ihr Inter­es­se an Open Ban­king geweckt? Oder fra­gen Sie sich, wie Sie mit Open Ban­king zukünf­tig in Ihrem Unter­neh­men ein­fa­cher Ergeb­nis­se erzie­len kön­nen? Machen Sie sich auf zu Veränderungen.

Wir beglei­ten Sie. Jea­ni­ne Schor

Portrait von Jeanine Schor

«Open Ban­king ist nicht nur ein tech­ni­sches The­ma mit Schnitt­stel­len, Secu­ri­ty Stan­dards und Infor­ma­ti­ons­fluss. Viel­mehr ermög­licht Open Ban­king Finanz­in­sti­tu­ten, FinTechs und Start­ups neue Geschäfts­mo­del­le zu rea­li­sie­ren. Obwohl Open Ban­king in der Schweiz erst rich­tig lan­ciert wird, ent­schei­det sich bereits heu­te, wer die rich­ti­gen stra­te­gi­schen Ent­schei­de fällt und zukünf­tig die Nase vor­ne haben wird.»

Jea­ni­ne Schor