
Prozessdigitalisierung mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten
Für das Kundengeschäft werden ansprechende Lösungen gefordert (Websites, Mobile Apps usw.), die Kundinnen und Kunden auf mehreren Kanälen ansprechen und seine Bedürfnisse und Erwartungen erfüllen. Auch gilt es, die Nase im Wind zu haben, um Angebote rasch zu lancieren oder auf Mitbewerber zu reagieren. Dies fordert eine gewisse Flexibilität. Die Kernsysteme eines Unternehmens für die Kundendaten, die Vertrags- und Auftragsverwaltung setzen im Gegensatz dazu auf Stabilität. Damit sind unterschiedliche Geschwindigkeiten vorhanden, die es in der Umsetzung von Digitalisierungs-Projekten zu berücksichtigen gilt.
Diese unterschiedlichen Geschwindigkeiten und ein hoher Kostendruck führen dazu, dass die «Verzahnung» der Prozesse und Systeme neu gedacht werden sollte. Denn nicht jedes neue oder geänderte Angebot auf einer Kundenplattform kann wirtschaftlich vollständig digitalisiert abgebildet werden. Eine stärkere Entkoppelung von Kunden- und Kernsystemen bietet hier Chancen.
Kundenerlebnis und Risiken beurteilen
Damit das Kundenerlebnis im erforderlichen Mass weiterentwickelt werden kann, ist eine umfassende Betrachtung der Prozesse und Applikationen auf Basis der Geschäftsarchitektur sinnvoll. Die Verwendung von End-To-End-Prozessen mit den entsprechenden Bausteinen der Geschäftsarchitektur ermöglicht eine etappierte Planung und Realisierung.
Die Schaffung eines durchgängigen Kundenerlebnisses, die Erfüllung der Compliance-Anforderungen und die Reduktion von Risiken sind relevante Faktoren für die Priorisierung.
Um diese Diskussion zu unterstützen, bietet sich die Nutzung einer Geschäftsarchitektur mit den fachlichen Bausteinen an. Diese werden dabei von verantwortlichen Personen als Product Owner bewirtschaftet. Aufbauend auf diesen fachlichen Bausteinen definieren die Process Owner die Verwendung dieser Bausteine in ihren End-To-End-Prozessen, um die Digitalisierung in Etappen anzugehen (siehe Abbildung 1).
Damit wird die Strategie-Umsetzung des Unternehmens von der Geschäftsarchitektur über die Prozesse angegangen. Die agilen Entwicklungen vom Portfolio über Epics und Features sind in den Program Increments transparent plan- und steuerbar.
Betrachten wir dazu ein Beispiel aus dem Zahlungsverkehr: Die Umsetzung von «Instant Payment» als durchgängiger Prozess lässt sich in der Geschäftsarchitektur End-To-End mit neun Bausteinen abbilden (siehe Abbildung 2).
Für diese Bausteine gilt es, abgestimmt auf den Einführungstermin von Instant Payment die notwendigen Analysen und Entwicklungen vorzunehmen (siehe Abbildung 3). Denn diese «Sofort-Zahlungen» werden ab August 2024 innert 10 Sekunden abgewickelt. Zudem muss der neue Zahlungsservice während 7 x 24 Stunden und an 365 Tagen angeboten werden.
Entkoppelung mit der Digitalisierungsplattform «Lagoon»
Um diese Konzepte und die damit verbundene Entkoppelung in die Praxis umzusetzen, sind Plattformen und Schnittstellen notwendig. Eine «Digitalisierungplattform» ermöglicht dabei die gezielte Digitalisierung in einem abgegrenzten Umfang – beispielsweise für Funktionen in den Bausteinen «E‑Banking Web» sowie im «Kundenbeziehungsmanagement» und der «Kernbanken-Lösung».
Die Realisierung wird nun in Etappen angegangen. Die Bausteine der Geschäftsarchitektur beinhalten verschiedene Applikationen, diese werden nach Bedarf in die Digitalisierungsplattform integriert und mit einem API «ausgestattet». Diese Application Programming Interfaces ermöglichen es, zwischen den Systemen einen definierten Dialog zu führen:
- Anfrage zu Status eines Objektes
- Anfrage zu Status eines Auftrags
- Auftrag, Abwicklung mit Bestätigung
- Auftrag, Abwicklung mit Abbruch und Fehlermeldung
Solche Digitalisierungsplattformen mit Schnittstellen oder Konnektoren sind am Markt mittlerweile verfügbar. Mit der Digitalisierungsplattform «Lagoon» steht eine Open-Source-Software bereit, welche diese Entkoppelung zwischen Kunden- und Kernsystemen sowie eine etappierte Entwicklung ermöglicht (siehe Abbildung 4).
Abbildung 4: Lagoon ermöglicht es, unkompliziert Dienstleistungen und Produkte zu lancieren und so schnell auf Bedürfnisse der Kundschaft zu reagieren.
Damit können moderne Kundenservices zeitnah, sicher und zu reduzierten Kosten realisiert werden. Die Interaktion mit den Kunden erfolgt mittels Entwicklungen auf Lagoon. Diese umfassen die Website der Bank, das Benutzerlogin sowie typische Beratungs- und Serviceprozesse (Konto, Karten, Zahlungen, Kredite usw.). Die Abwicklung der Geschäftsprozesse wird über die APIs zu den Applikationen in den Bausteinen (z. B. «Zahlungsabwicklung» oder «Output») wahrgenommen. Der End-To-End-Prozess profitiert so von modernen Entwicklungen auf der Kundenseite und bewährter Stabilität auf den Kernsystemen. Die Betriebskosten lassen sich so reduzieren, da vorhandene APIs mehrfach genutzt werden können, um ganze Prozesse durchgängig zu digitalisieren.
«Die Digitalisierung und die agile Weiterentwicklung von Prozessen erfordert eine Entkoppelung zwischen Kunden- und Kernsystemen. Mit einer Geschäftsarchitektur zur Steuerung und einer Digitalisierungsplattform in der Umsetzung kann diesen strategischen Herausforderungen begegnet werden.»
Stefan Lenz, 360excellence AG
Transparenz und Unabhängigkeit durch Open Source
Die Digitalisierungsplattform Lagoon wurde auf APPUiO, der «Swiss Container Plattform» (OpenShift) aufgebaut. Sie besteht ausschliesslich aus Open-Source-Komponenten (siehe Abbildung 5). Dies erhöht die Herstellerunabhängigkeit und reduziert den so genannten «Vendor-Lock-in» da Entwicklungen auch unabhängiger von Kernsystemen realisiert werden können.
Weitere Angaben zu den Open-Source-Komponente in der Plattform Lagoon werden auf der Website zu Lagoon publiziert.
Die Plattform Lagoon ist nach den Vorgaben von ISAE 3402 zertifiziert und erfüllt die regulatorischen Anforderungen von Wirtschaftsprüfern für interne Kontrollsysteme. Lagoon ist eine von Puzzle ITC und acrevis Bank etablierte Lösung. Die acrevis Bank ist eine Regionalbank mit rund 175 Mitarbeitenden und 8 Geschäftsstellen. Sie nutzt als Kernbankenlösung Finnova Bankware. Die Implementierung der Digitalisierungsplattform wurde von unserem Partner Puzzle ICT aus Bern vorgenommen. Der Betrieb wird von VSHN AG (https://www.vshn.ch/) sichergestellt, eine Zürcher DevOps Firma mit Fokus auf Operations. Bisher wurden 13 Applikationen und Services auf der Plattform Lagoon integriert. Diese Applikationen werden von Bankkundinnen und ‑kunden aktiv genutzt.
Die Weiterentwicklung von Lagoon basiert auf dem Community-Konzept von Open Source. So können die beteiligten Partner voneinander profitieren und Wissen und Kosten teilen. Die Applikationen und APIs können gemeinsam genutzt werden.
Zusammenfassung
Durch die konsequente Wertschöpfungsanalyse, ausgerichtet auf das beabsichtigte Kundenerlebnis, kann sich das Unternehmen auch mit der bestehenden Applikationslandschaft digital ausrichten. Dabei können entlang der Strategie auch für unterschiedliche Geschäftsfelder bzw. Kundensegmente die erforderlichen digitalen Services entwickelt werden.
Die Veränderungsmacher von 360excellence begleiten Sie und Ihr Unternehmen mit umfassender Projekt- und Digitalisierungserfahrung auf diesem auf Sie zugeschnittenen Weg.
Wir kennen die Stolpersteine sowie Erfolgsfaktoren, kontaktieren Sie uns gerne für weitere Informationen.
Für einen Geschäftsprozess mit einer Beratung und einem Vertragsabschluss werden typischerweise verschiedene Applikationen eingesetzt. Diese stellen die notwendigen Funktionen bereit. Diese Verzahnung von Anwendungen bietet die notwendige Spezialisierung, macht aber die Weiterentwicklungen schwerfällig. Durch die Entkoppelung von Kunden- und Kernsystemen über eine Digitalisierungsplattform gewinnen Unternehmen an Flexibilität. Die Digitalisierungsplattform integriert Applikationen über APIs und macht so die Komplexität beherrschbarer. Um dabei das Projektportfolio agil zu steuern und Vorhaben umsetzen, sollte eine Geschäftsarchitektur etabliert werden. Die Product Owner verantworten und planen die fachlichen Bausteine der Architektur und unterstützen die Umsetzung der Strategie. Die Process Owner bringen die Anforderungen an die End-To-End-Prozesse mit der Nutzung der Bausteine ein. Durch das «Lean Portfolio Management» wird der Elefant in Scheiben geschnitten und die Umsetzung in Etappen angegangen.
In der Ausgestaltung und Einführung dieser Konzepte unterstützt sie 360excellence, um Veränderungen umzusetzen, Ergebnisse gemeinsam zu erzielen und Menschen mit auf die Reise zu nehmen.
Stefan Lenz