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Bei Ver­än­de­run­gen im Unter­neh­men den Über­blick schaf­fen und behalten

Digi­ta­ler Zwilling

Mit einem digi­ta­len Zwil­ling wird ein Unter­neh­men in der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on (be)greifbar. Die Abhän­gig­kei­ten von Pro­duk­ten zu Appli­ka­tio­nen, Schnitt­stel­len, Daten, Wei­sun­gen, Anlei­tun­gen, For­mu­la­ren, Risi­ken, Kon­trol­len usw. sind gross. Mit einem digi­ta­len Zwil­ling wird die Kom­ple­xi­tät beherrsch­bar und in den Ana­ly­se- und Ent­wick­lungs­auf­ga­ben wird das Unter­neh­men fass­bar.Von der Stra­te­gie-Ent­wick­lung über die Port­fo­lio-Prio­ri­sie­rung bis zur Ana­ly­se im kon­kre­ten Pro­jekt: Die Infor­ma­ti­ons­be­schaf­fung zur Ver­net­zung von Appli­ka­tio­nen, Schnitt­stel­len, Daten, Pro­duk­ten, Risi­ken, Com­pli­ance usw. erfor­dert heu­te viel Zeit und Res­sour­cen. Denn eine aus­rei­chen­de Fak­ten­la­ge oder Ent­schei­dungs­grund­la­gen bereit­zu­stel­len, ist bei den vor­han­de­nen Abhän­gig­kei­ten eine anspruchs­vol­le Tätigkeit.

Die Qua­li­tät der Ana­ly­se bzw. des Ergeb­nis­ses hat direk­te Aus­wir­kun­gen auf die Prio­ri­sie­rung von Vor­ha­ben oder die Pro­jekt­um­set­zung. Je kla­rer die Erkennt­nis­se sind, umso geziel­ter kön­nen Res­sour­cen bereit­ge­stellt, in einem Pro­jekt gear­bei­tet und die Akti­vi­tä­ten koor­di­niert werden.

Soll­ten bei­spiels­wei­se Abhän­gig­kei­ten zu Schnitt­stel­len oder ande­ren Pro­zes­sen aber nicht erkannt wer­den, so beein­flusst dies die Pro­jekt­um­set­zung. Es kommt zu Mehr­auf­wand und ent­spre­chen­den Mehr­kos­ten. Mög­li­cher­wei­se sind die zusätz­li­chen Kos­ten so hoch, dass das Pro­jekt gar nicht erst gestar­tet wor­den wäre – hät­te man die­se Abhän­gig­keit früher erkannt.

Um die­se Ver­net­zung und die Abhän­gig­kei­ten sys­te­ma­tisch zu erken­nen, eig­nen sich Pro­zess­mo­del­le, die mit ande­ren Infor­ma­tio­nen über Appli­ka­tio­nen, Schnitt­stel­len, Daten usw. ange­rei­chert wer­den. Dadurch wird ein Abbild der Rea­li­tät bereit­ge­stellt. Man bezeich­net ein sol­ches Abbild auch als «digi­ta­len Zwil­ling» (sie­he Abbil­dung 1). Die­ses Abbild ermög­licht es bei­spiels­wei­se, zu einem Pro­dukt die Ver­bin­dun­gen zu Appli­ka­tio­nen, Daten, Pro­zes­sen, Wei­sun­gen, Ver­ant­wort­lich­kei­ten usw. zu ana­ly­sie­ren und in der Pro­jekt­ar­beit anzu­wen­den. Auch ist es als Mit­ar­bei­ter mög­lich, über Such­funk­tio­nen rasch auf Handbücher, Wei­sun­gen oder For­mu­la­re zuzu­grei­fen. Natürlich vor­aus­ge­setzt, das Pro­zess­mo­dell oder Abbild wird ent­spre­chend bewirtschaftet.

Bild zur Darstellung der realen Welt
Modell als digitaler Zwilling

Abbil­dung 1: Rea­le Welt (links) und Modell als digi­ta­ler Zwil­ling – Kom­ple­xi­tät wird (be)greifbar

Ver­net­zung anstel­le Modellvielfalt

Mit einem digi­ta­len Zwil­ling gelingt es, Pro­zess­ma­nage­ment als ver­netz­te Manage­ment-Dis­zi­plin zu posi­tio­nie­ren und das Modell breit anzu­wen­den. Ver­net­zun­gen sind in fol­gen­den The­men­be­rei­chen sinn­voll und möglich:

  • Stra­te­gie-Ent­wick­lung
  • Geschäfts- und IT-Architektur
  • Con­trol­ling und Reporting
  • Pro­dukt- und Partnermanagement
  • Risi­ko­ma­nage­ment
  • Lean Port­fo­lio Management
  • Com­pli­ance und Datenschutz
  • Ser­vice-Manage­ment und IT-Betrieb
  • Per­for­mance­ma­nage­ment
  • Tech­no­lo­gie­ma­nage­ment
  • Kom­pe­tenz­be­darf und ‑ent­wick­lung

Die Akti­vi­tä­ten in die­sen The­men­be­rei­chen sind oft ver­schie­de­nen Fach­stel­len oder Ver­ant­wort­li­chen zuge­ord­net. Dabei arbei­ten die­se Fach­stel­len typi­scher­wei­se für das glei­che Unter­neh­men – und soll­ten ein gemein­sa­mes Modell als Basis für ihre Tätig­kei­ten ver­wen­den. Typi­sche Fra­gen, die mit einem ver­netz­ten Pro­zess­mo­dell effi­zi­ent beant­wor­tet wer­den können:

Fachstellen mit Fragestellungen aus dem Prozess- Kontext

Tabel­le 1: Fach­stel­len mit Fra­ge­stel­lun­gen aus dem Pro­zess- Kontext

Unterschiedliche Stufen aus der Prozess-Architektur

Tabel­le 2: Unter­schied­li­che Stu­fen aus der Prozess-Architektur

Die Stra­te­gie-Ent­wick­lung wird von der Unter­neh­mens­ent­wick­lung vor­an­ge­trie­ben, dabei ent­wi­ckeln die Geschäfts- und IT-Archi­tek­tur ver­schie­de­ne Sze­na­ri­en oder Geschäfts­mo­del­le und kon­kre­ti­sie­ren die Aus­ge­stal­tung der Pro­zess- und IT-Archi­tek­tur. Das Risi­ko­ma­nage­ment prüft die Pro­zes­se auf Kri­ti­k­ali­tät und Resi­li­enz, defi­niert dazu Risi­ken und Kon­trol­len. Und das Lean Port­fo­lio Manage­ment steu­ert die Stra­te­gie-Umset­zung über die ent­spre­chen­den Pro­gram­me und Pro­jek­te. Wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen zur Steue­rung lie­fern dabei Aus­wir­kungs­ana­ly­sen aus ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven. Die Abbil­dung 2 stellt die­se Ver­net­zung der Akti­vi­tä­ten in den ver­schie­de­nen The­men­be­rei­chen dar.

Vernetzung des Prozessmanagements mit anderen Managementdisziplinen

Abbil­dung 2: Ver­net­zung des Pro­zess­ma­nage­ments mit ande­ren Managementdisziplinen

Pro­zess­teams und föde­ra­le Verantwortung

Pro­zess­teams und föde­ra­le Ver­ant­wor­tung Ana­log dazu sind auch die Ver­ant­wort­lich­kei­ten für die Bewirt­schaf­tung des digi­ta­len Zwil­lings zu defi­nie­ren. Die Risi­ken wer­den vom Risi­ko­ma­nage­ment ver­ant­wor­tet, die Appli­ka­tio­nen von der IT-Archi­tek­tur, die Pro­duk­te vom Pro­dukt­ma­nage­ment, die Pro­zes­se vom Pro­zess­ma­nage­ment usw. Die­se föde­ra­le Ver­ant­wort­lich­keit bil­det die Rea­li­tät ab, sie sorgt für eine stär­ke­re Ver­net­zung der Orga­ni­sa­ti­on, eine ein­heit­li­che­re Spra­che und hilft, die Silos der Lini­en­or­ga­ni­sa­ti­on auf­zu­bre­chen. Die zur Lini­en­or­ga­ni­sa­ti­on kom­ple­men­tä­re Pro­zess- Sicht wird durch inter­dis­zi­pli­nä­re Pro­zess­teams ein­ge­nom­men und geför­dert. Die­se Pro­zess­teams soll­ten aus unter­schied­li­chen Berei­chen, ent­lang der Wert­schöp­fungs­ket­ten- Sicht (sie­he Abbil­dung 4) zusam­men­ge­setzt sein. Dadurch ergibt sich eine brei­te­re Abstützung für das Pro­zess­ma­nage­ment, das Pro­zess­team übernimmt als Bot­schaf­ter einen Teil der Vernetzungs-Aufgaben.

Typische Fragestellungen in einer (vereinfachten) Wertschöpfungskette als End-To-End-Sicht

Abbil­dung 4: Typi­sche Fra­ge­stel­lun­gen in einer (ver­ein­fach­ten) Wert­schöp­fungs­ket­te als End-To-End-Sicht

Vernetzte Information stehen mit dem digitalen Zwilling zur Verfügung

Abbil­dung 5: Ver­netz­te Infor­ma­ti­on ste­hen mit dem digi­ta­len Zwil­ling zur Verfügung

Durch die­se Ver­net­zung wird auch deut­lich, dass das Pro­zess­ma­nage­ment kei­nen Selbst­zweck hat. Das Pro­zess­ma­nage­ment unterstützt die ver­schie­de­nen Manage­ment- Dis­zi­pli­nen mit dem «Gerüst» bzw. der Archi­tek­tur der Pro­zes­se, der Ver­ant­wort­lich­kei­ten und hat einen Nut­zen von den ver­net­zen Infor­ma­tio­nen. Die Archi­tek­tur der Pro­zes­se wird in ver­schie­de­nen Stu­fen geglie­dert, in der Pra­xis haben sich dazu 3 bis 4 Stu­fen oder «Level» bewährt.

Eine Pro­zess­ar­chi­tek­tur mit unter­schied­li­chen Stu­fen von Pro­zes­sen wird in einer Pro­zess­ma­nage­ment-Lösun­gen mit einer Por­tal-Funk­ti­on bewirt­schaf­tet. Die Por­tal- Funk­ti­on ermög­licht einen benut­zer­spe­zi­fi­schen Blick auf die Infor­ma­tio­nen, so dass man «sei­ne Pro­zes­se» und die damit ver­netz­ten Infor­ma­tio­nen sieht und die­se nut­zen kann. Eine mög­li­che Pro­zess­land­kar­te mit Dar­stel­lung der Stu­fe 1 ist in Abbil­dung 3 zu finden.

Identifikation von End-to-End-Prozessen

Abbil­dung 3: Pro­zess­land­kar­te eines Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­mens, die Pro­zes­se wer­den in meh­re­re Stu­fen gegliedert

Kom­ple­xi­tät bes­ser beherrschen

Auch in der oft the­ma­ti­sier­ten «digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on» eines Unter­neh­mens oder Geschäfts­be­reichs stif­tet ein digi­ta­ler Zwil­ling einen erheb­li­chen Mehr­wert. Die Trans­for­ma­ti­on kann aus Sicht der Pro­zes­se, Appli­ka­tio­nen, Daten, Schnitt­stel­len, Part­nern, Pro­duk­ten usw. kon­kre­ti­siert und in Etap­pen gestal­tet und abge­grenzt wer­den. Dies ist für die Port­fo­lio-Steue­rung in einem agi­len Vor­ge­hens­mo­dell (z. B. Pro­gram Incre­ments in SAFe) eine wich­ti­ge Basis, um die Pla­nungs­si­cher­heit zu erhö­hen. Für die Pro­jek­te in der Trans­for­ma­ti­on wird die Kom­ple­xi­tät mit der Erken­nung ihrer Zusam­men­hän­ge durch das Pro­zess­mo­dell bes­ser beherrsch­bar. Die Archi­tek­ten und Ana­lys­ten nut­zen für ihre Entwicklungs­arbeiten eine gemein­sa­me Platt­form. Eine sol­che Platt­form stellt bei­spiels­wei­se die BOC-Group mit ADONIS, ADOIT und ADOGRC zur Verfügung.

Bild des Circles am Flughafen Zürich

In der Bau­bran­che wer­den digi­ta­le Zwil­lin­ge mit «Buil­ding Infor­ma­ti­on Model­ling» (BIM) erfolg­reich ange­wen­det. So lässt sich die Kom­ple­xi­tät der Gebäu­de-Tech­no­lo­gie in der Pla­nung sowie im Betrieb bes­ser beherr­schen. Der Cir­cle am Flug­ha­fen Zürich ist ein BIM-Projekt.

Ope­ra­tio­nel­le Risi­ken und Resilienz

Dass die Kom­ple­xi­tät des Geschäfts­be­triebs einer Bank lau­fend zunimmt, hat die Finanz­markt­auf­sicht (FINMA) ver­an­lasst, das Manage­ment von ope­ra­tio­nel­len Risi­ken zu stär­ken. Die FINMA publi­ziert üblicherweise Rund­schrei­ben, um die Umset­zung des Finanz­markt­auf­sichts­ge­set­zes (FINMAG) zu unterstützen. Das FIN­MA-Rund­schrei­ben 2023/1 zu «Ope­ra­tio­nel­le Risi­ken und Resi­li­enz» nimmt die­se gestie­ge­ne Kom­ple­xi­tät und die inhä­ren­ten Abhän­gig­kei­ten ent­spre­chend auf.

So müs­sen die ope­ra­tio­nel­len Risi­ken insti­tuts­weit ein­heit­lich kate­go­ri­siert und in einem «Inven­tar» geführt wer­den. Dazu eig­nen sich typi­scher­wei­se Pro­zess­platt­for­men mit Ver­net­zun­gen zu ande­ren Dis­zi­pli­nen wie dem IT-Betrieb oder dem Datenmana­gement. Ein wich­ti­ges Ele­ment für die FINMA ist auch die Stär­kung des Bewusst­seins der Mit­ar­bei­ten­den zur Reduk­ti­on von ope­ra­tio­nel­len Risi­ken. Por­ta­le einer Pro­zess­platt­form, die rol­len­ba­siert über die rele­van­ten Risi­ken infor­mie­ren, leis­ten hier einen wich­ti­gen Bei­trag zur Sen­si­bi­li­sie­rung. Der Regu­la­tor FINMA erwar­tet auch, dass die so genann­ten «kri­ti­schen Daten» und ihre Abla­ge­or­te sowie Schnitt­stel­len zu exter­nen Part­nern geführt wer­den. Die­se Infor­ma­tio­nen sind rele­vant für das die Schutz­mass­nah­men gegen Cyber-Risi­ken. 

Das Pro­zess­ma­nage­ment als ver­net­zen­de Manage­ment-Dis­zi­plin unter­stützt somit nicht nur gestal­ten­de Pro­zes­se oder Pro­jekte son­dern auch die Sicher­stel­lung der Regel­kon­for­mi­tät. 

Portrait von Christian Lichka

 «Der Digi­ta­le Zwil­ling eines Unter­neh­mens ist die idea­le Basis, um Unter­neh­men im digi­ta­len Zeit­al­ter kon­ti­nu­ier­lich und ziel­ori­en­tiert zu ent­wi­ckeln. In der Trans­for­ma­ti­on ist es wich­tig, die Dimen­sio­nen Pro­zes­se, IT, Daten, Com­pli­ance und Risi­ken zu beherrschen.»

Dr. Chris­ti­an Lich­ka, Vor­stand BOC-Group

Zusam­men­fas­sung

Ein Unter­neh­men wei­ter­zu­ent­wi­ckeln ist eine facet­ten­rei­che und anspruchs­vol­le Auf­ga­be – sie erfor­dert zahl­rei­che Ver­än­de­run­gen. Die­se gehö­ren oft zur Kate­go­rie «Gestal­tung» mit der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on aber auch zur Kate­go­rie «Regel­kon­for­mi­tät». Der Kun­den­nut­zen oder die Effi­zi­enz tref­fen hier auf Com­pli­ance – dies bei Res­sour­cen­knapp­heit. Zudem ist die Kom­ple­xi­tät durch das Geschäfts­mo­dell inhä­rent. Damit die unter­schied­li­chen Dis­zi­pli­nen effek­tiv zusam­men­ar­bei­ten kön­nen, soll­te mit einem ver­netz­ten Pro­zess­mo­dell ein digi­ta­ler Zwil­ling ver­wen­det wer­den. Denn es han­delt sich ja immer um das glei­che Unter­neh­men – nur die Per­spek­ti­ve ist eine andere.

Portrait von Stefan Lenz

Um die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on zu steu­ern und die Kom­ple­xi­tät zu beherr­schen, macht die Ver­wen­dung eines «digi­ta­len Zwil­lings» des Unter­neh­mens Sinn. Die­ses Abbild wird in einem Pro­zess­mo­dell rea­li­siert, dazu wer­den die Pro­zes­se mit den Pro­duk­ten, Appli­ka­tio­nen, Schnitt­stel­len, Daten, Wei­sun­gen, Anlei­tun­gen, For­mu­la­ren, Risi­ken, Kon­trol­len usw. ver­netzt. Dadurch sind die Abhän­gig­kei­ten erkenn­bar und die Kom­ple­xi­tät von Ver­än­de­run­gen wird bes­ser beherrsch­bar. Die Infor­ma­tio­nen im digi­ta­len Zwil­ling wer­den (ana­log zu rea­len Welt) von den jewei­li­gen Fach­stel­len in einem föde­ra­len Gover­nan­ce-Ansatz bewirt­schaf­tet. So arbei­ten ver­schie­de­ne Manage­ment­be­rei­che mit dem iden­ti­schen Modell des Unter­neh­mens. Das Pro­zess­ma­nage­ment ist die ver­net­zen­de Dis­zi­plin, denn Pro­zess­ma­nage­ment hat kei­nen Selbstzweck.

Ste­fan Lenz